Wildnis im Fitzgerald River National Park

Zwischen Bremer Bay im Westen und Hopetoun im Osten erstreckt sich an der Südküste der Fitzgerald River National Park. Seine ausgedehnten, flachen und sandigen Ebenen gehören zusammen mit dem etwas weiter westlich gelegenen D´Entrecasteaux Nationalpark zu den besonders unberührten und botanisch wertvollen Naturlandschaften Südwestaustraliens.

Qualup Bells vor der Kulisse des östlichen Fitzgerald River National Parks

 

Für den Besucher gibt es nur wenige Zugangsmöglichkeiten zu diesem Nationalpark mit einer der höchsten Artendichte der Flora. Im Osten führt von Hopetoun der Hamersley Drive von der Küste bis zum South Coast Highway; im Westen der Pabelup Drive vom South Coast Highway bis zur Küste zurück. 

Die Flora des Fitzgerald River National Parks ist außergewöhnlich. Es handelt sich um weite Ebenen, die zu großen Teilen noch nie betreten worden sind. Im Osten des Parks erhebt sich der East Mount Barren, im Westen der West Mount Barren, wobei diese Namen nicht wörtlich genommen werden sollten – kahl und unfruchtbar sind diese Hügel keineswegs, sondern, wie auch die Ebenen, mit der abwechslungsreichen Küstenvegetation bedeckt. 

Der Hamersley Drive

Eine Fahrt durch den Fitzgerald River National Park kann man gut von den Örtchen Ravensthorpe bzw. Hopetoun beginnen. Ravensthorpe liegt am South Coast Highway, der in einigen Kilometern Abstand zur Küste von West nach Ost verläuft. Hier gibt es Übernachtungs-, Camping- und Einkaufsmöglichkeiten. Und es ist nicht weit zum kleinen Örtchen Hopetoun direkt an der Küste. Ein Campingplatz hinter den Dünen am Strand von Hopetoun mit großen, schattigen Stellplätzen und sogar einigen Cabins zur Selbstversorgung lädt hier zum Verweilen ein. Im Ortszentrum gibt es eine Reihe kleiner Läden und Restaurants zur Versorgung.

Unser Tipp

Nicht verpassen: die ausgezeichnete Bäckerei an der Main Street hat eine große und köstliche Auswahl der typischen australischen Pies – Blätterteigpastetchen! Selbstgemacht, immer frisch und heiß! Mit Steakfüllung, mit Lamm, mit Pfeffer, Pilzen, Käse, Spinat, mit Blätterteigdeckel oder Kartoffeltopping. Die Varianten sind vielfältig und man wünscht sich, alles einmal probieren zu können.


Nach einer Übernachtung in Hopetoun kann die Fahrt in den Fitzgerald River National Park schon am frühen Morgen losgehen – der Abzweig zum Hamersley Drive liegt gleich hinter der Stadt. Zunächst quert man auf geteerter Straße das Culham Inlet, dann windet sich die Straße einige Meter hinaus zum Barren´s Lookout, einem Aussichtspunkt auf das Meer und die Stadt Hopetoun. Hier ist vor kurzem ein großer, neuer Parkplatz entstanden.



Und hier beginnt bereits das Gebiet, in dem die sicher berühmteste Pflanze des Fitzgerald River National Parks wächst: die Hakea victoria, eine strauchartige, zu den Proteacaen gehörende Art, die überwiegend im Fitzgerald River National Park endemisch vorkommt und ein großer „Hingucker“ ist. Sie wurde nach Queen Victoria von England benannt; ihr besonderes Merkmal sind nicht die eher unscheinbaren Blüten, sondern ihr buntes Laub.

Als erstes geht es am East Mount Barren vorbei. Der Aufstieg auf den 450 Meter hohen Hügel ist nicht schwierig und der Besucher wird mit Ausblicken auf die weiten Ebenen und das Meer belohnt. Im Frühling stehen farbenprächtige Myrtaceen und Proteaceen in Blüte und die Glocken der Qualup Bells leuchten rot und gelb.

Die geteerte Straße endet sehr bald und geht in eine auch mit dem PKW gut befahrbare, rote Schotterpiste über. Lassen Sie sich Zeit, der Weg ist hier das Ziel. Es empfiehlt sich, öfter anzuhalten und die Landschaft und die Flora zu genießen. Hier gibt es alles von groß bis klein: erneut viele Hakea victoria, die leuchtend rote Banksia cocchinea oder die hängenden Zapfen von Banksia caleyi, rote und gelbe Lambertien und so vieles mehr. Es lohnt sich, genau hinzuschauen.



Der Hamersley Drive ist etwa 50 Kilometer lang und in einer Tagestour gut fahrbar. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es nicht, leider auch nicht für Camper. Am Ende des Hamersley Drives erreicht man den South Coast Highway: rechter Hand geht es zurück nach Ravensthorpe, linker Hand weiter Richtung Albany. Eine gute Alternative zum Highway ist von hier aus die wenig befahrene Old Ongerup Road (ebenfalls nicht geteert), die kurz vor dem Highway nach Westen abzweigt und an den Grenzen des Nationalparks entlang führt. Hier fällt besonders die scharfe Unterteilung zwischen der natürlichen Vegetation im Nationalpark und den umliegenden, landwirtschaftlich genutzten Feldern auf. An den Rändern liegen etwas versteckt noch Granitfelsen, die sich ihre ursprüngliche Flora erhalten haben.

Der westliche Zugang zum Fitzgerald River National Park

Unser Campingbus vor dem kleinen Info-Kiosk am Eingang zum Fitzgerald River National Park

Etwa 10 km östlich des Örtchens Jerramungup bzw. ca. 50 km westlich von Ravensthorpe zweigt der Pabelup Drive nach Süden vom South Coast Highway ab und führt durch den westlichen Teil des Fitzgerald River National Parks bis an die Küste (beim Abzweig heißt der Pabelup Drive auch noch Quiss Road). Auch hier gilt: die Straßen bestehen im wesentlichen aus Schotterpisten, die mit dem PKW oder Camper befahrbar sind – wenn auch mit reduzierter Geschwindigkeit und Umsicht. Der Straßenzustand kann jedoch variieren: es gibt Waschbrett-Auswaschungen, Schlaglöcher oder wetterbedingte Schwierigkeiten. Oder Tiere kreuzen die Fahrbahn, z. B. Känguruhs, Warane, Schnabeligel oder Tannenzapfenechsen. Hier ist immer Vorsicht geboten und eine angepasste Geschwindigkeit wichtig. 


Auf dem Weg zur Küste ist auch hier der Weg das Ziel. Die Vegetation verändert sich häufig. Eben waren noch überwiegend kleine Büsche zu sehen, jetzt sind es plötzlich übermannshohe Sträucher und kleine Bäume. Dann wieder Buschland, aber mit anderen Arten.

Gelbe, kugelförmige Blüten von Banksia baxteri leuchten vielleicht neben der Straße, und etwas weiter im Buschland stehen die rot leuchtenden Banksia cocchinea. Und hier finden sich auch sehr große und ausgedehnte Bestände von Hakea victoria. Tatsächlich sind bei dieser Pflanze die Blätter die Stars, nicht die Blüten. 
Sie wird bis zu drei Meter hoch und fällt durch ihr leuchtendes, mehrfarbiges Blattwerk auf. Die großen, sehr harten und stengelumfassenden Blätter sind netzartig gemustert und färben sich regenbogenartig von Grün über Creme-, Gelb- und Orangetöne bis hin zu leuchtendem Rot. Eine Augenweide und und besonders im Morgen- oder Abendlicht ein perfektes Fotomotiv! Dagegen sind die Blüten dieser Pflanze nur unscheinbar und fallen gegenüber den Farben der Blätter kaum auf.

Besonders interessant:  in Kultur sowohl in Australien als auch an anderen Orten scheint es sehr schwierig zu sein, die natürliche Farbenpracht dieser Pflanze zu erzeugen – die meisten kultivierten Exemplare zeigen „nur“ ein grünes Blattwerk, sehr enttäuschend für den hoffnungsvollen Kultivateur. 



Auch die kleineren Schönheiten sind bemerkenswert: im Fitzgerald River National Park gibt es dutzende Orchideenarten und verschiedene, teilweise nur hier vorkommende Karnivoren. Schön sind die gestreifte Orchidee Thelymitra campanulata, die Leoparden-Orchidee Thelymitra benthamiana oder die auffällig geformte Caladenia multiclavia. Und die Zwergsonnentaue Drosera scorpioides und Drosera sargentii blühen weiß oder pink über kleinen, rot glitzernden Fangblättern.




Der West Mount Barren



Eine kurze Wanderung führt vom Parkplatz aus hinauf zum West Mount Barren. Dies lohnt sich nicht nur für die weiten Ausblicke über die Ebenen, sondern auch weil es dem Besucher die Gelegenheit gibt, die unberührte und unbekannte Flora des Nationalparks direkt am Wanderweg zu bestaunen.


Walbeobachtung bei Point Ann



Zwischen den Monaten Juni und Oktober kommen die Südlichen Glattwale in die Bucht bei Point Ann und gebären im flachen und warmen Wasser der umliegenden Buchten ihre Babys. Sie bleiben dann noch eine Weile in der Bucht, wo die Kleinen ungefährdet gesäugt werden können. Später geht es dann hinaus in den kalten Südlichen Ozean Richtung Antarktis.

Bei Point Ann wurden einige Stege und Plattformen angelegt, von denen aus man die Bucht überblicken und den Walen beim Schwimmen und sogar beim Säugen der Jungen zusehen kann. 


Die Südlichen Glattwale gehören zu den sehr großen Walarten; die Weibchen werden etwas größer als die Männchen. Sie erreichen eine Länge von bis zu 18 Metern und mit bis zu 80 Tonnen ein ungeheures Gewicht. Früher wurden die Wale ohne Erbarmen gejagt; bei Cheynes Beach war eine der großen Walverarbeitungsfabriken angesiedelt. Die Südlichen Glattwale wurden bis fast zur Ausrottung gefangen. Ihr englischer Name „Southern Right Whales“ meint „Die richtigen Wale für den Fang“. Heute ist es schön, die Wale unbehelligt in der Bucht schwimmen zu sehen. Die Populationen erholen sich und der Zug der Wale entlang der australischen Südküste wird von vielen Besuchern an unterschiedlichen Punkten beobachtet.

St. Mary Inlet



Direkt neben der Bucht bei Point Ann liegt das St. Mary Inlet, eine Brackwasserzone mit dichter Küstenvegetation. Hier gibt es einen einfachen Campingplatz für Camper und Zelte mit einfachen sanitären Einrichtungen. Die Stellplätze auf dem weitläufigen und uneinsichtigen Gelände sind groß und schattig unter Bäumen. Bislang gilt unseres Wissens der Grundsatz „First come, first serve“ und es gibt keine Vorausbuchungspflicht. Man sucht sich den gewünschten Stellplatz aus und zahlt die kleine Campinggebühr direkt vor Ort.

Der Campingplatz ist sehr schön gelegen, direkt hinter den Dünen zum Strand von Point Ann. Lebensmittel und Wasser müssen mitgebracht werden und offenes Feuer ist untersagt.

Unser Tipp

Um sich in dieser abgelegenen Gegend zu verpflegen, bedarf es etwas Umsicht. Im General Store in Jerramungup gibt es alles, was das Camperherz begehrt, von frischen und verpackten Lebensmitteln über Bier und guten westaustralischen Wein bis hin zu allgemeinem Camping- und Farmerbedarf – sehenswert. Dann steht auch einer oder mehreren Übernachtungen im Fitzgerald River National Park nichts mehr im Wege. 

Fazit

Die Wildnis im Fitzgerald River National Park ist mindestens einen Tagesausflug wert. Besucher, die sich für die vielfältige Flora interessieren, bleiben auch gern länger. Der Hamersley Drive und der Pabelup Drive sind die einzigen Zufahrtsstraßen für „normale“ Fahrzeuge. Das westlich von Fitzgerald River gelegene Bremer Bay ist unseres Wissens bisher nur mit geländegängigen Fahrzeugen und guten Nerven direkt vom Nationalpark aus erreichbar.

Die nächste interessante Übernachtungsmöglichkeit bietet sich übrigens auf der Quaalup Homestead, die westlich direkt an den Nationalpark angrenzt und nur wenige Fahrkilometer entfernt ist. Hier hat ein deutsches Ehepaar auf der ehemaligen Homestead seinen Wohnsitz aufgeschlagen, einige Cottages für Gäste eingerichtet und einen einfachen Campingplatz mit Stellplätzen für Wohnmobile und Zelte angelegt. Das Gelände ist weitläufig, es gibt einfache sanitäre Anlagen und einen kleinen Küchenpavillon mit BBQ. Auf dem großen, naturbelassenen Grundstück wurden in den letzten Jahren verschiedene kurze und längere Wanderwege durch die ursprüngliche Natur angelegt. Einige Pflanzen sind mit Namensschildchen versehen und erleichtern so den weniger natur-erfahrenen Gästen die Entdeckung interessanter Arten.